Sprecher
Beschreibung
Mehr als 10 Prozent der 250.000 pro Jahr in Deutschland implantierten Hüftprothesen lockern sich bereits in der ersten 10 Jahren nach der Operation wieder, was für die Patienten häufig schmerzhafte und komplikationsreiche Revisionsoperationen zur Folge hat. Bei einer Lockerung entwickelt sich zwischen Knochen und Implantat ein dünner Weichgewebe-Spalt. Dessen Dicke lässt Rückschlüsse auf den Grad der Lockerung zu und seine Materialeigenschaften geben Hinweise auf die Lockerungsursache, die rein mechanisch bedingt oder durch bakterielle Infektion ausgelöst sein kann. Klinisch übliche Diagnosetechniken wie die Projektionsradiographie (klassische Röntgenaufnahme) versagen jedoch bei der verlässlichen Erkennung einer Lockerung im Frühstadium sowie der Differenzierung deren Ursache.
Um diesem Problem zu begegnen, haben wir ein Ultraschallmessverfahren zur lokalen und quantitativen Charakterisierung der Knochen-Implantat-Grenzschicht entwickelt. Ein analytisches Modell für die Reflexion von Schallwellen in einem Dreischichtsystem wurde mit einer neuartigen Datenverarbeitungsmethodik kombiniert, um den Anforderungen der spezifischen medizinischen Anwendung gerecht zu werden. Durch nichtlinearen Fit der theoretischen Vorhersage des Modells an die tatsächliche Signalform der reflektierten Schallwellen im Frequenzbereich kann die Dicke der Zwischenschicht bestimmt werden und Vorhersagen über ihre physikalischen Eigenschaften sind möglich. Dadurch lassen sich dann potenziell Informationen zu Grad und Ursache der Lockerung gewinnen.
Der vorgestellte Ansatz wurde bereits erfolgreich auf idealisierte Testsysteme und ein Knochen-Implantat-System zur Dickenbestimmung im Bereich von ca. 200 µm bis 2 mm angewendet.
Der Vortrag wird sich auf den physikalischen Hintergrund und die Schlüsselkonzepte des Verfahrens sowie auf repräsentative Experimente konzentrieren, aber auch das zukünftige Potenzial der Technologie in der medizinischen Anwendung aufzeigen.